Performing Democracy

11 Tage Tanz, Theater, Performance & Musik

Liebes Publikum,

unser Festival hat einen neuen Namen: Performing Democracy! 

In der letzten Festivalausgabe noch als Untertitel gehandelt, jetzt namensgebend und damit programmbestimmend. Die Gefährdung von Demokratien und das Aufkommen von Autokrat:innen hat ein erschreckendes Ausmaß angenommen, antidemokratische Parteien finden wachsenden Zulauf. Doch wie können wir diesen Prozessen begegnen? 
Gemeinsam mit Ihnen und den Künstler:innen des Festivals möchten wir aktuelle Fragestellungen auf lustvolle und künstlerische Weise diskutieren. Dabei kommen die unterschiedlichsten Formsprachen zum Zug: vom kraftvollen Chorgesang über expressive Körperlichkeit, vom verspielten Trickfilm bis zum umwerfenden Schauspiel. 

Zum Festival-Trailer

Das Festivalprogramm

Bei unseren Sichtungen haben wir uns auf drei Themenschwerpunkte fokussiert und Programmlinien leitmotivisch herausgearbeitet, mit denen Demokratien zurzeit umzugehen haben: Der Klimawandel und seine Folgen; Kriege und ihre Auswirkungen auf die kommende Generation; Demokratiemündigkeit und Widerstand. 

Klimawandel und Utopie 

Zum Themenschwerpunkt Klimawandel und Utopie starten wir unser Festival mit einer visionären Produktion der brasilianischen Choreografin Lia Rodrigues und ihrer Companhia de Danças. Das Tanzstück Encantado ist ein sinnlicher Aufruf zur gleichberechtigten und gemeinsamen Existenz alles Lebewesen – ob Mensch, Tier oder Pflanze. 
Eine ganz andere Art von Aufruf finden wir in Out of the Blue des belgischen Produktionskollektivs Huysmans & Dereere. Mit dokumentarischer Raffinesse wird uns vor Augen geführt, wie der Mensch auf der Suche nach neuen Ressourcen die Tiefsee als lukrativen Markt entdeckt und ausbeutet. 
Die Produktion Die Wand (360°) des Schauspiel Essen nach dem Roman von Marlen Haushofer ist ein eher intimer Aufruf, der die Zuschauenden in einer virtuellen Realität mit sich selbst konfrontiert. 
Zu einem Happening zwischen Kunst und Aktivismus, Utopie und Parodie ruft Daniel Hellmann in dem geführten Stadtspaziergang Try Walking in my Hooves auf. Die Performance SPAfrica von Julian Hetzel und Ntando Cele erforscht in absurden Konstellationen wie Machtstrukturen und bestehende Privilegien in der Beziehung Europas zum globalen Süden wirken. Sie stellen natürliche und emotionale Ressourcen einander gegenüber, wenn sie nach den Grenzen der Empathie fragen. 

Krieg und Kindheit 

Demokratien setzen wieder vermehrt auf militärische Gewalt als Mittel der Politik und der Schrecken kriegerischer Auseinandersetzungen ist mittlerweile medialer Alltag geworden. Diesen lauten Stimmen wollen wir etwas entgegensetzen und haben Produktionen eingeladen, in denen Frauen und Kinder im Mittelpunkt stehen. Es sind von Krieg und Verfolgung Geflüchtete, Zeug:innen von Bombardierungen, die in Marta Górnickas Mothers. A Song for Wartime zu Wort kommen. In einer beeindruckenden chorischen Form sprechen und singen die einundzwanzig Frauen aus der Ukraine, aus Belarus und Polen über das Erlebte. Nicht als Opfen, sondern als Protagonist:innen ihrer Geschichten. 
Zwei weitere Produktionen werfen einen Blick auf die Schwächsten in den kriegerischen Auseinandersetzungen: den Kindern. Das Ljubljana Puppet Theatre zeigt mit Irgendwo anders für Kinder ab 7 Jahren auf subtile und berührende Weise eine Geschichte über die Absurdität des Krieges und wie diese aus Kinderaugen wahrgenommen wird. 
In unserer intimsten Produktion für jeweils eine Person, Dear Leila von Basel Zaraa, tauchen wir ein ins palästinensische Geflüchtetenlager Yarmouk in Syrien und werden Zeug:in einer sehr persönlichen Reise in die Familiengeschichte des Künstlers. 

Demokratie und Widerstand 

Wir sehen einerseits das Vertrauen in gewählte Volksvertretungen schwinden, andererseits ein vielfältiges Bürger:innenengagement für konktrete Ziele und Projekte. Diese neue Lust an Mitbestimmung und Protest findet sich auch in unseren eingeladenen Gastspielen. In dem semidokumentarischen Stück Depois do silêncio der brasilianischen Theatermacherin Christina Jatahy wehren sich die drei Protagonistinnen gegen die unmenschliche Politik der herrschenden Klasse und kämpfen für eine Chance auf Veränderung und eine neue Gestaltung der Welt. 
In einer Inszenierung des jungen theater basel stellen sich junge Performer:innen dem Kampf um Gerechtigkeit. Sie probieren historische Reden aus, um zu schauen, was diese heute noch mit ihnen machen, sie sprechen Parolen, ringen um Worte und reden sich dabei Um Kopf und Kragen
In Foreshadow des Choreografen Alexander Vantournhout versuche acht Tänzer:innen ein Hindernis zu überwinden. Dabei schrauben sie sich als menschliche Pyramide immer höher und höher und verlassen sich dabei ausschließlich auf ihre Kraft und das Vertrauen, es gemeinsam zu schaffen. 
Ukraine Fire der Dakh Daughters ist ein musikalisches und visuelles Manifest für die Freiheit und das Leben, ist Kunst als Widerstand. Zwischen Punk, Kabarett und Musiktheater – schräg, wild und subtil – singen und posaunen sie dabei ihren Freiheitsdurst in die Welt. 
2024 können in Europa knaoo eine halbe Milliarde Menschen ein neues Parlament wählen. In Freiburg haben wir im Juni eine Kommunalwahl, weitere Landtagswahlen finden in Deutschland statt. Mit dem Gaming-Format Schulbesuch Europa der Performancegruppe Rimini Protokoll besuchen wir Schulen in Freiburg und im Umland. Es ist eine Aufführung, die sich im Handgepäck transportieren lässt und danach fragt: Wie viel Europa steckt in einem Klassenzimmer?
 

Die Vernetzung mit weiteren Kooperationspartner:innen war uns auch in dieser Festivalausgabe ein großes Anliegen. In Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie, dem Slow Club, dem Dokumentationszentrum Nationalsozialismus, dem Kommunalem Kino, dem Literaturhaus, dem DELPHI_space und weiteren Partner:innen haben wir ein Rahmenprogramm zusammengestellt, um die Auseinandersetzung mit unseren drei Themenschwerpunkten zu intensivieren. Dank der Stadt Freiburg, des Zukunftsfonds Freiburg und der Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau freuen wir uns sehr darüber, auch in diesem Jahr die Einladung aussprechen zu können:

Let‘s perform democracy!

Die Kurator:innen

Sandro Lunin, Theater Freiburg 
Sonja Karadza, Theater im Marienbad 
Jürgen Eick, E-WERK Freiburg